Wer kennt das nicht? Gemütlich vor dem Rechner sitzen, mit einem Heiß- oder Kaltgetränk der Wahl bewaffnet, das Lieblingsspiel als Stream auf dem Monitor. Doch was ist das? Der Streamer hat doch glatt Loot liegen lassen. So geht das natürlich nicht. Die Finger verschwimmen kurz, als eine Nachricht in den Chat gehackt wird: „EY! DU HAST DA DAS SNIPERGEWEHR VERGESSEN!“ Doch der Streamer reagiert nicht. Die Wut des anonymen Zuschauers steigt ins Unermessliche, Hasstiraden ergießen sich in den Chat. Dann plötzlich, eine halbe Minute später, sieht der Streamer endlich die Nachricht. Er ist aber bereits ganz woanders und hat nachvollziehbarer Weise keine Lust wieder zurück zu laufen. Tja.
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Der zeitliche Verzug zwischen Live-Stream und Chat ist ein bekanntes Problem. Gerade in Spielen, in denen der Streamer Entscheidungen treffen muss und die Zuschauer mit einbeziehen will, führt dies oft zu Szenen, in denen der Streamer auf dem zweiten Monitor in den Chat starrt und wartet, bis das Bild, was er sieht bei den Zuschauern angekommen ist. Natürlich wird dadurch der Spielfluss vollkommen zerstört und Entscheidungen mit Zeitlimit muss der Streamer selbst treffen – oft zum Missfallen der treuen Gemeinde.
Der US-Amerikanische Anbieter Caffeine.tv hat dieses Problem gelöst. Caffeine verspricht „social broadcasting“, also das Streamen von Inhalten ohne den lästigen zeitlichen Verzug. Ob das klappt, habe ich mal getestet und bin tatsächlich begeistert.
So sieht der Streamer den Chat – und zwar ohne den sonst üblichen zeitlichen Verzug. Wenn man jetzt noch richtig schreiben könnte…
Die Einrichtung bei Caffeine.tv geht schnell von der Hand. Auf der Webseite anmelden, einen Client herunterladen, Mikro und Webcam per Dropdown auswählen, das Spiel starten und los geht’s. Das Ganze dauert gerade mal fünf Minuten. Um bei Twitch zu streamen ist es für Normalsterbliche nötig, im Vorfeld stundenlang Tutorials anzusehen und verschiedenste Fensterchen und Bildchen in OBS zu platzieren. Doch die schnelle und einfache Einrichtung bei Caffeine hat auch einen Preis: die Personalisierung des Streams geht verloren, genauso wie die Möglichkeit verschiedene Szenen einzurichten, wenn den Streamer zum Beispiel einmal der Ruf der Natur ereilt.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Beschränkung auf derzeit rund 470 Spiele, die mit dem Caffeine-Client ins Netz gestreamt werden können. Ist das Lieblingsspiel nicht auf der Liste, heißt es Warten und Hoffen. Im letzten halben Jahr wurden dem Portfolio der streambaren Spiele rund 100 Titel hinzugefügt.
Zum Test habe ich eine Runde Portal 2 gespielt und hatte auch recht schnell den ersten Zuschauer. Leider hat er meine Rätselkünste wohl nicht lange ertragen und mich allein mit GladOS gelassen. Den Chat musste ich demnach selbst testen, und es stimmt: kaum ist die Nachricht ins Chatfenster getippt, erscheint sie auch schon im Overlay des Spiels und das ohne nennenswerten Zeitverzug. Der Stream lief zudem sehr stabil und ohne Abbrüche.
Das Team von Caffeine arbeitet ständig an der Plattform, die sich derzeit noch im „Pre-Release“ Zustand befindet, und spielt regelmäßig Updates ein. Deutsche Streams sucht man übrigens vergeblich. Das liegt nicht nur daran, dass es in der Suche keine Filterfunktion für die Sprache gibt, sondern wohl auch am Bekanntheitsgrad des Anbieters in Deutschland. Bisher beschränkt sich das Angebot fast ausschließlich auf den englischsprachigen Raum. Ich persönlich bin gespannt, wann es Caffeine in die Herzen der deutschen Streamergemeinde schafft. Wenn der Anbieter noch etwas am Konzept feilt, kann es nicht mehr lange dauern.